Wie kommen Gäste (immer wieder) zurück in die Bar?

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Bar ohne Namen

Entschlossen verweigert sich Savage, der Bar einen Namen zu geben. Stattdessen sind drei klassische Design-Symbole das Logo der Trinkstätte in Dalston: ein gelbes Quadrat, ein rotes Viereck, ein blauer Kreis. Am meisten wurmt den sympathischen Franzosen dabei, dass es kein Gelbes-Dreieck-Emoji gibt. Das erschwert auf komische Weise die Kommunikation. Der Instagram Account lautet: a_bar_with_shapes-for_a_name und anderenorts tauchen die Begriffe ‘Savage Bar’ oder eben ‚Bauhaus Bar‘ auf.

 

Für den BCB bringt Savage nun sein Barkonzept mit und mixt für uns mit Unterstützung von Russian Standard Vodka an der perfekten Bar dazu.

 

 

 

 

Stammgäste sind bekanntlich essentiell für nahezu jedes Barkonzept. Doch was lässt sich konkret tun, damit Erstgäste zu wiederkehrenden Gästen werden? Oron Lerner hat viele Tipps.


Lerner ist nicht nur Barmanager der „Imperial Craft Cocktail Bar“ in Tel Aviv, sondern auch studierter Organisationspsychologe und Berater für Teamentwicklung. Beim digitalen BCB hielt er einen Vortrag mit dem sich selbst erklärenden und spannenden Titel „What makes a guest come back“. Lerner unterscheidet hierbei drei Ansätze:

1. Das Erlebnis ist so gut, dass der Gast es wiederholen möchte

Wenn die Bar Erwartungen des Gastes nicht nur erfüllt, sondern gar übertrifft, stellt sich ein Gefühl der Freude und des Thrills ein. Es führt dazu, dass der Gast innerlich loslässt und seine vorherigen Pläne, nur eine bestimmte Menge Geld auszugeben (das typische „nur auf einen Drink“), verwirft. Für dieses Loslassen braucht der Gast Vertrauen. Dieses baue man auf, indem man, sollte ein Drink nicht munden, diesen ohne zu hinterfragen zurücknimmt und einen neuen serviert, so Lerner – es entfernt die Enttäuschung der falschen Wahl. Vertrauen schaffe auch der konsequente Umgang mit Gästen, die sich unangemessen verhalten.

Es geht aber auch um subtilere Formen der Vertrauensbildung – durch Kommunikation und Empathie. Lerner veranschaulicht es an einem Beispiel: An beiden Enden der Bar sitzt ein Gast, beide bestellen den gleichen Drink, dem einen ist er zu sauer, dem anderen zu süß. Geschmack ist eben individuell. Lerner ermutigt sein Team dazu, Rezepte leicht anzupassen, sollten die Bartender zu dem Entschluss kommen, dass die Person vor ihnen diesen Drink eventuell etwas saurer oder eben eher weniger sauer bevorzugen könne. Informationen dazu erhält der Bartender durch den Dialog mit dem Gast, aber auch durch die Fähigkeit, sich in ihn hineinzuversetzen und sogar unterbewusst zur Entscheidung zu gelangen, die Mixtur zu verändern. Ergebnis: Der Gast hat das Gefühl, der Drink sei ganz speziell für ihn kreiert worden. Was ja gewissermaßen auch stimmt.

Der studierte Psychologe wies in diesem Zusammenhang auch auf das „error correction paradox“ hin: An einem Abend, an dem alles glatt läuft, erinnert sich ein Gast weniger gut als an einen solchen, an dem ein Fehler oder Missgeschick passiert. Wie sich das nun positiv auf einen Wiederbesuch auswirken kann? Wird der Fehler korrigiert, dann wird im besten Fall eine gute und umso stärkere Erinnerung an den Abend daraus.

2. Das „hier gibt es noch so viel mehr zu erleben“-Gefühl
Eine weitere Möglichkeit, Verbundenheit zu erzeugen und die Häufigkeit des Wiederbesuchs zu erhöhen, besteht nach Lerner darin, etwas zu kreieren, dass das Gefühl gibt: Hier ist noch viel mehr zu erleben. In seiner Bar erzeugt man es durch Drinks auf der Karte, die erstens ein Angebot für jeden Geschmack sind und zweitens, indem jeder Drink dem Gast Wahlmöglichkeiten für andere, ähnliche Drinks eröffnet – die nicht auf der Karte stehen, aber gerne serviert werden. Im „Imperial“ gibt es gar ein „achievement program“: Bestimmte Drinks, zum Beispiel einen Zombie, bekommen Gäste nur, wenn sie zum wiederholten Male in der Bar erscheinen. Es gibt kleine Geschenke je nach Höhe des Trinkgelds oder Einladungen zur jährlichen Geburtstagsparty für Stammgäste. Und wer besonders fancy gekleidet erscheint, darf sich auch auf etwas freuen.

3. Emotionale Verbundenheit herstellen
Viele Gäste, so Lerner, bauen oft mit einem bestimmten Bartender ein vertrautes, persönliches Verhältnis auf. Eine Bar jedoch ist Teamwork, jeder Bartender sollte dazu beitragen, dass eine langfristige Beziehung zu den Gästen entsteht. Man behilft sich im „Imperial“ eines „Nach-Schichtende-Reports“, in dem der Bartender für einen bestimmten Tisch bzw. ein Gast-Paar Notizen einträgt und Fragen beantwortet: Wie gut fanden sie die Drinks? Warum sind sie in diese Bar gekommen? Es wird sogar eine persönliche Notiz an diese Gäste hinterlegt, die der Bartender ihnen dann einige Tage nach dem Besuch, zukommen lässt. Dies dient nicht nur der Kundenbindung, sondern helfe den Bartendern auch, eine persönliche Verbindung und eine Gesprächsgrundlage mit den Gästen aufzubauen, so Lerner. Finde man eine Gemeinsamkeit mit dem Gast, so sei es einfacher, Konversation zu führen, so Lerner.

4. Jeder ist ein VIP
Stammgäste im „Imperial“ erhalten exklusive Einladungen oder eine Reservierung, wenn man eigentlich schon ausgebucht ist. Doch die besondere Art des Umgangs mit dem Stammgast versuche man auch auf neue Gäste zu übertragen, so Lerner. Zum Beispiel, indem Hinweise bei der Reservierung – zum Beispiel Unverträglichkeit von Orangen – an alle Bartender der Schicht als Memo weitergegeben werden. Auch die Ansprache mit dem Vornamen trage dazu bei, dass sich ein Gast mehr wertgeschätzt und in der Bar aufgehoben, ja, zugehörig fühlt. Lerner nennt es den „secret handshake“ – das Herstellen einer tieferen Verbindung zwischen Gast und Bar.

Interessant auch seine Erfahrung mit dem Corona-Lockdown: Indem man Stammgäste z.B. mit zu digitalen Team-Tastings einlud oder ihnen eine „flüssige Post“ zukommen ließ, konnte man bei Wiedereröffnung die Besuchshäufigkeit erhöhen, so Lerner.

5. Tipps für Kollegen

Zum Schluss seines Talks gab Lerner noch einige taktische und strategische Tipps. Er empfiehlt,

- eine umfassende Liste von Stammgästen zu führen und ständig zu aktualisieren, sodass diese auch fortbesteht, wenn das Team sich verändert,
- kommunikativ/sozial besonders aktive Bartender in die Position des „guest relations manager“ zu heben, um sich noch intensiver um Stammgäste kümmern zu können,
- Menschen einzustellen, die in Sachen Umgang mit Gästen bestenfalls noch talentierter sind als man selbst,
- und Bartender mit ihren Bedürfnissen auf Prio eins zu setzen: Spüren sie, dass man ihnen vertraut und ihnen den Rücken freihält, werden sie sich ebenso gut um ihre Gäste kümmern.

Lange anhaltende Beziehungen lassen die Bar als Ganze zu einem einflussreichen Ort der Gemeinschaft werden, die das Leben der Gäste prägen und sogar besser machen, so Lerner.

www.imperialtlv.com