Wie Bartender und Barbesitzer ein gesünderes und glücklicheres Leben führen

Gesundheit und Zufriedenheit sind in Zeiten von COVID-19 mehr denn je im Fokus. Tim Etherington-Judge nimmt mit seiner Initiative Healthy Hospo diese Themen für das Gastgewerbe in Angriff.

Healthy Hospo bildet Fachleute aus dem Gastgewerbe auf der ganzen Welt aus und ermutigt dazu, ein gesünderes und glücklicheres Leben zu führen. 

Während sich die Plattform vor dem Ausbruch des Coronavirus noch darauf konzentriert hat, Bartender in Zeiten einer florierenden Branche zu unterstützen, hilft die Initiative nun dabei mit der aktuellen Lage zurechtzukommen. Der Fokus ist jedoch derselbe: die Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens der Community. Wir haben mit Tim über die Geschichte von Healthy Hospo gesprochen, darüber wie es ihm zurzeit geht und welche verschiedenen Initiativen es aktuell für Bartender und Barbesitzer gibt. 

 

BCB: Wie hat es mit Healthy Hospo angefangen?

Tim Etherington-Judge: Das beruht tatsächlich auf einer sehr persönlichen Erfahrung. Ich war der internationale Markenbotschafter für Bulleit Bourbon und hatte damit wirklich einen Traumjob, der daraus bestand um die Welt zu reisen und Menschen beizubringen, wie man trinkt, während ich die besten Bars und Restaurants der Welt besuchte. 

Jedoch hatte ich einige gesundheitliche Probleme, die durch die Anforderungen des Jobs noch verschärft wurden, die vielen Reisen brachten schlechte Ernährung und wenig Schlaf mit sich. Im November 2016 hielt ich eine Rede über Bourbon auf der Bar Show in Athen, danach ging ich in mein Hotelzimmer und versuchte mich umzubringen. Ich überlebte und habe es durchgestanden, was mich ermutigte, öffentlich über meine psychischen Probleme zu sprechen. Nachdem ich angefangen hatte meine Erfahrungen auch auf Social Media zu posten, erhielt ich hunderte Nachrichten von Menschen, die mit denselben Schwierigkeiten zu kämpfen haben, wie zum Beispiel unkontrolliertes Trinken und körperliche Probleme. 

Da habe ich realisiert, dass es ein großes Problem ist über das niemand spricht und dachte, dass ich vielleicht die richtige Person bin, um dieses Thema ans Licht zu bringen.

 

Wie ging es nach deinem Zusammenbruch weiter? 

Tim: Nachdem ich mich sieben Monate erholt hatte, wusste ich, was ich in der Branche machen möchte. Im Januar 2018 veranstalteten wir unser erstes Healthy Hospo Event, bei dem wir über Schlaf, Ernährung und Yoga und Pilates geredet haben, sowie über alle möglichen anderen Sachen, die Spaß machen. 

 

Was genau machst du und dein Team?

Tim: Wir konzentrieren uns hauptsächlich darauf, Menschen rund um das Thema Gesundheit und Wohlbefinden auszubilden und aufzuklären und geben Workshops und Seminare zu den fünf Kernpfeilern: Schlaf, Ernährung, Bewegung, soziale Beziehungen und psychische Gesundheit. 

Außerdem veranstalten wir Schulungen für Unternehmen und Veranstalter, in denen die Auswirkungen von Gesundheit und Wohlbefinden auf das eigene Business analysiert werden und erklären, warum es Sinn macht, darauf zu achten. Darüber hinaus produzieren wir auch Online-Content. 

 

Ja klar, COVID-19. Was sind deine Empfehlungen für Bartender, die zurzeit keine Beschäftigung haben?

Tim: Schaltet den Fernseher aus! Schaltet die Nachrichten aus! Das kann nämlich eine Angststörung gegenüber Schlagzeilen ‘headline anxiety disorder’ verursachen und das ist das erste, was man vermeiden sollte. 

Menschen mögen keine Unsicherheit, etwas, das im Moment aber sehr verbreitet ist. Wir wissen nicht, wann sich die Maßnahmen wieder lockern. Wir versuchen nicht das Ganze zu verharmlosen, sind sogar weit entfernt davon. Allerdings wollen wir die Perspektive verschieben und es auch als Chance nutzen. Man muss die Zeit nur zu nutzen wissen. Ich empfehle sich jeden Tag eine Liste machen, mit drei Dingen, die man den Tag über erledigen will. Das können ganz banale Sachen sein, wie eine gesunde Mahlzeit zu kochen, etwas zu lesen oder ein bisschen Sport zu machen. Durch so einen Tagesplan sind wir zielstrebiger die Dinge zu erreichen, die wir uns vorgenommen haben, ich habe so einen Plan auch an meiner Wand hängen!

Ein paar weitere Tipps sind: Reduziert eure Social Media Zeit und nutzt auf euren Handys lediglich die Messenger Apps. Darüber könnt ihr mit Freunden sprechen, vielleicht mit drei bis fünf am Tag. Das Besondere aktuell ist, dass wir in Kontakt mit Menschen treten, die wir so vielleicht niemals getroffen hätten.

 

Gibt es Online-Initiativen, die ihr für Bartender empfehlen könnt?

Tim: Es gibt jede Menge Online-Vorträge und Webinare. Tatsächlich bringen wir auch demnächst eins raus. Dabei werden wir in täglichen Gesprächen mit Experten eine Vielzahl von Themen ansprechen, um die Menschen auf dem Laufenden zu halten. 

Kennen Sie schon Hospo Live? Das ist ein Facebook Video Channel, der von ein paar Leuten aus Schottland betrieben wird, die sich darauf fokussieren das Gastgewerbe während COVID-19 weiterzubilden und zu vernetzen. Für ein bisschen Spaß haben wir auch die Kategorie „Music to Make You Happy“ auf unserer Facebook-Seite, jeden Tag um 19 Uhr. 

Musik verursacht sofort ein gutes Gefühl und hebt die Stimmung. Dabei geht es nicht um Weiterbildung oder Selbstoptimierung, sondern einfach nur darum sich bei schöner Musik zu entspannen. 

 

Wie sieht es mit finanzieller Hilfe aus?

Tim: Das ist abhängig von dem jeweiligen Land. In England gibt es Hospitality Action und The Drinks Trust, beide bieten Bartendern und Bars finanzielle Hilfe, während es in den USA die US Bartenders Guild gibt, die eine Menge Notzuschüsse geben. Außerdem gibt es eine Menge große Getränkemarken, die unterstützen. Aber letztendlich kann einzig und allein die Regierung einen wesentlichen Einfluss ausüben. 

Ein weiteres Unternehmen, das zusammen mit Edrington-Beam Suntory UK ein “Wellbeing“-Carepaket ins Leben gerufen hat ist Speciality Drinks. Wenn man sich anmeldet, bekommt man ein Lebensmittelpaket mit einer Menge gesunder Sachen geliefert.

 

Welche Auswirkungen wird das auf die Lebensmittel-und Getränkeindustrie für 2020 und darüber hinaus haben?

Tim: Wir können dazu momentan nur Vermutungen anstellen aber ich denke das Spirituosen-Business ist ganz gut abgesichert. Die Menschen werden nicht aufhören zu Trinken, sie haben gerade zwar ihre Einkaufsgewohnheiten umgestellt, aber wenn wir wieder zur Normalität zurückkehren, wird es eine fundamentale Veränderung in den Verbrauchergewohnheiten geben.

Ich denke, dass Bars noch belebter sein werden als Restaurants, die Leute trinken einfach gerne. Insgesamt wird es aber weniger Ausschank, Bars und Restaurants geben. Es werden lediglich die Bars mit einer erstklassigen Barkultur überleben. Zudem wird es mehr Partys Zuhause geben, bei denen man in den eigenen vier Wänden, nur mit den engsten Freunden zusammen trinkt. 

 

Was wünschst du dir für die Zukunft? 

Tim: Ich wünsche mir für die Zukunft, dass sich die Lebensmittel- und Getränkeindustrie eine umfangreiche Vorstellung ihres Business macht. Mir gefällt die aktuelle Entwicklung nicht, in der die Preise so niedrig wie möglich gedrückt werden. Ich würde mich freuen bessere Margen und höhere Löhne zu sehen, sodass die Leute ein Bewusstsein dafür erlangen, was Essen und Trinken wirklich kosten sollte.

Das größte Problem, von dem mir Barbesitzer berichten liegt darin, Arbeitskräfte zu finden und diese auch langfristig einzustellen. Es gibt zwar viele Bars und Restaurants aber einfach nicht genug Mitarbeiter. Wussten Sie, dass ein Mitarbeiter in dieser Branche durchschnittlich weniger als ein Jahr bei einem Betrieb arbeitet? Aktuell beträgt die Fluktuationsrate 130% und teilweise sogar mehr. Ich hoffe sehr, dass sich das ändert, wenn die Krise vorbei ist.