Wie man ein Bar-Business beständig macht: Learnings von Sean Finter (und Mr. Pannou)

Instagram Talk mit Kate Boushel und Gabriel Daun

Was führt eine Bar zum Erfolg? Kreative Drinks, stilvolles Design, talentierte Bartender? Kurzfristig vielleicht. Doch dauerhaft geht es um etwas ganz anderes. Worum, das erklärte der Kanadier Sean Finter dem BCB-Publikum in seinem Talk „Bars built to last“.

Sean Finter hat es im Hospitality-Business sehr früh sehr weit gebracht: Nach Stationen im Hard Rock Café in Toronto und sechs Jahren in der Londoner Gastronomie eröffnete er mit Ende Zwanzig in Sydney sein eigenes Bar-Restaurant. Sein Unternehmen wuchs von null auf fast 400 Mitarbeiter in acht Outlets an und erzielte beim Verkauf, da war Finter 33, einen Umsatz von 32 Millionen US-Dollar. Seit über 20 Jahren berät er mit seinem Unternehmen Barmetrix gastronomische Unternehmen rund um den Globus, bis heute sind es über 8.500. 

Das alles wäre ohne Mr. Pannou nie möglich gewesen, berichtete Finter dem vor Ort und digital zugeschalteten Publikum in einem spannenden, bewegenden Storytelling (welches man sich am besten anschaut, schriftlich lässt sich das vermittelte Gefühl nur ansatzweise wiedergeben). 

 

Finters Weg in die Gastronomie

Aufgewachsen in einem kleinen, keine 2.000 Einwohner zählenden kanadischen Kaff, verdiente Finter von Kindesbeinen an sein eigenes Geld – Rasenmähen, Zeitungen ausliefern, an der Tankstelle aushelfen. Als sein Vater schwer erkrankte, Sean war gerade einmal zwölf Jahre alt, wollte er im örtlichen Truckstop anfangen – davon hatte er immer geträumt: „Ich konnte mir nichts Besseres vorstellen!“. Der Besitzer war besagter Mr. Pannou. Ein wortkarger, bulliger Mann griechischer Herkunft. Er stellte ihn erst ein, als der junge Bewerber ihm beim dritten Treffen die Antworten auf seine Fragen schriftlich mitbrachte – nur um sie dann ungelesen einzustecken. 

 

“Home away from Home”

Pannou zeigte ihm stattdessen das „Nervensystem“ des Hauses, die Küche, und ließ sich von einem Trucker dessen Schlüssel geben, um dem Jungen die ordentliche, aufgeräumte Fahrerkabine zu zeigen, das gemachte Bett, die sauberen Amaturen, die Fotos der Familie. Warum? Um dem Jungen deutlich zu machen: Diese Männer leben in ihren Trucks, wenn sie von zu Hause weg sind. Und wenn sie auf Achse sind, dann sind Orte wie Mr. Pannous Truck Stop ihr „home away from home“. Dann stellen er und sein Team ihre Ersatzfamilie dar. Gutes Essen, ein warmer Raum im kalten Kanada, ja – aber vor allem gehe es um Menschlichkeit und Wertschätzung. „Ohne diesen Truckstop wäre ich heute nicht hier“, so Finter. Als er Jahre später zur Beerdigung seines Mentoren anreiste, sei er kaum durchgekommen – meilenweit stauten sich die Trucks auf den Zufahrtsstraßen, um dem Gastwirt mit dem großen Herzen die letzte Ehre zu erweisen. 

Was er aus dieser Zeit und seiner anschließenden Karriere als Gastro-Unternehmer gelernt hat, und was er in Trainings und Beratungen heute vielen Unternehmen vermittelt, präsentierte Finter im Folgenden, hier in kurzen Unterpunkten zusammengestellt: 

Warum braucht die Welt deine Bar/dein Restaurant? 
Warum ausgerechnet deines, was macht den Unterschied? Finter: Gerade mal ein Prozent machen das Produkts oder die Location aus, 99 Prozent die Menschen, die dort arbeiten. Gastronomie sei, so Finter, ein Spielplatz für diejenigen, die wie er anderswo nicht reinpassen. Hier können sich Charaktere beweisen und zeigen, zu was sie imstande sind. 

Beantworte Fragen (die Mitarbeiter dir nicht stellen mögen, aber die sie denken):
Warum hast du es verdient, mich zu führen? 
Wie sieht dein Verständnis von Leadership aus? 
Warum soll ich meinen bestehenden Job ausgerechnet wegen dir aufgeben? 
Und auch: Was glaubst du, wie man dich, so wie du heute bist, in zehn Jahren beschreiben wird? (Anders formuliert: Wie willst du gewesen sein?) 

Kenne deine Zielgruppen
Kein gastronomisches Konzept kann für alle gemacht sein, man braucht primäre und sekundäre Zielgruppen. Im Falle von Mr. Pannous Truck Stop waren es erstens die Cap-Träger (Trucker und Bauern) und zweitens Familien – die jeweils eine ganz eigene Art der Ansprache benötigten. Im Hard Rock Café waren es viele Alleinerziehende und Ältere („the cast aways“) und Arbeiter („blue collar“).  

Geld ist Treibstoff 

Wer das Risiko eingeht, ein Hospitality-Business zu eröffnen, sollte gutes Geld damit verdienen können – zum Wohle aller, die beteiligt und involviert sind. Finter rät, vorausschauend statt rückwärtsblickend zu kalkulieren: Statt der Gleichung Gewinn = Umsatz ­– Kosten lieber die Gleichung Umsatz – geplantem Gewinn = auflaufende Kosten nutzen. Auf zehn Prozent mehr Marge hin rechnen – warum nicht? „Do what you do so fucking well that price is irrelevant“, so Finters Tipp. Am Abend zuvor im Berliner Restaurant „Chicago Williams“ (in der Barszene sehr beliebt) habe er erlebt, wie genau dies funktioniert, berichtete er.   

Investiere in die Schichtleitung

Einer der größten Branchenfehler aus Finters Sicht: Zu wenig Zeit und Geld in gutes Führungspersonal zu investieren. „They make or break your business“: Niemand sei neutral, entweder helfen diese Leute (den Mitarbeitenden und dem Unternehmen) oder sie verursachen Schaden. 

Abläufe vor, während und nach der Schicht etablieren 
Maximal vier Minuten vor der Schicht im Kreis aufstellen und der Person neben sich ein Kompliment machen: Was man an ihr schätzt. Bewahrt sie die Ruhe, ist sie im Notfall für einen da? Während der Schicht: Arbeiten nach festgelegten Standards, die Orientierung geben. Nach der Schicht tuen ein Dankeschön und Feedback-Fragen der Teamleitung gut: War alles in Ordnung? Brauchst du etwas? Was hat dich heute beeindruckt? 


Hospitality ist … 
… die Art und Weise, wie sich eine Person (unbewusst) fühlt, wenn sie in deinem Unternehmen ist, so Sean Finters Definition. Niemand wolle unsichtbar oder unwichtig sein, wenn er/sie Gast ist. Es mag sein, dass sie dies zu Hause oder am Arbeitsplatz ist oder sich so fühlt – aber nicht hier! Pflege die Wertschätzung. Angelehnt an die Bedürfnispyramide von Maslow gehe es darum, Gästen erstens Sicherheit zu geben, darauf aufbauend eine Verbindung/Verbundenheit aufzubauen und schließlich ihr Selbstwertgefühl zu steigern.  

Lerne zu lehren – und fasse dich kurz 
Es kommt nur darauf an, ob ein Team auch dann abliefern kann, wenn der Laden voll ist. Und was von außen wie eine Familie aussehen mag, ist tatsächlich eine enorme Performance. Die nur dann gelingt, wen alle das Verständnis von Gastlichkeit, wie sie das Unternehmen für sich definiert, internalisiert haben – und Freude daran haben, sie an die Gäste zu vermitteln. Briefings und Trainings sollten, so Finter, werthaltig, kurz, unterhaltsam und/oder interessant sein. Er selbst hat für Themen wie Verkaufen mit Würde, Körpersprache oder den Umgang mit wütenden Gäste Kurse entwickelt, die maximal acht Minuten dauern.  


Übrigens: Sean Finter hat dem Publikum angeboten, Fragen gerne per Mail an ihn zu richten. Seine Adresse ist: [email protected]