Hör auf deinen Cocktail! – Schall und Sound im Getränk

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Klang beeinflusst unsere kulinarische Befindlichkeit. Wir kennen das Phänomen von der Hintergrundmusik in Bars und Restaurants oder wie sich die Laune heben kann, wenn der richtige Soundtrack erklingt. Auch kann ein Musikstück eine Erinnerung auslösen und somit für ein Glücksgefühl oder einen Gänsehaut-Moment sorgen. Wir alle kennen die Emotion sehr gut, die ein Lied oder das gemeinsame Musizieren hervorbringen kann.

Doch Klang, Musik und Schallwellen können darüber hinaus auf verschiedenste Weise Einfluss auf diverse Mechanismen rings um Speis und insbesondere Trank bedeuten.

Ein sehr bekannter Startschuss erfolgte, als Wissenschaftler 2008 den IG-Nobelpreis erhielten, die eine umfassende Studie zum Klang von Kartoffelchips vorgelegt hatten. Der Klang beim Beißen erzeugte und Einfluss auf das Frische-Gefühl und somit die Qualität verströmte. Später ging daraus zudem der nächste Schritt der Kartoffelchip-Industrie hervor, der auch dem Rascheln der Chips-Tüte Beachtung schenkte. Papierbeschichtung versprach eine handwerkliche Aura im Knister-Sound.

 

Kaffee-Klänge und Milch

Faszinierend ebenfalls jene Untersuchungen eines Produzenten im Segment der Kapsel-Kaffees, die belegten, dass der Klang der Kaffeemaschine, die Beurteilung des Kaffee-Geschmacks durch die Probanden beeinflusste. Ein tieferer Klang des Brühvorgangs sorgte im Vergleich zu einem höheren Klang für eine bessere Beurteilung des identischen Kaffees.

Eine weitere Studie beeindruckte mit dem Ergebnis, dass Kühe mehr Milch produzieren, wenn sie mit Beethoven beschallt werden. Für den Fall eines lästigen Ohrwurms raten wiederum britische Forscher, Kaugummi zu kauen. Der Kauvorgang beansprucht anscheinend eine ähnliche Gehirn-Region, und das Kauen überlagert den Ohrwurm und drängt ihn in die Vergessenheit.

 

Klingt spannend: Schallwellen in Flüssigkeiten

Neben Menschen und Tieren gilt die aktuelle Forschung auch der Flüssigkeit selbst. Eine Grundidee dabei besteht darin, dass Schallwellen sich nicht nur in der Luft ausbreiten, sondern auch in Flüssigkeiten wie Wein und Behältnissen wie Fässern. Sie nehmen dabei auf Hefestrukturen und Reifungsprozesse Einfluss und verändern und beschleunigen verschiedene Prozesse. Frühe Experimente widmeten sich der Idee, dass die Klangwellen verhindern, dass die Hefen sich sämtlich am Boden absetzen, sondern in der Schwebe gehalten werden. Eine Art klang gesteuerter Bâtonage, also jenem Vorgang, der ursprünglich durch Rühren die Weinhefen in Bewegung hält.

 

Sonifikation in Wein und Bier

Der nächste Gedanke widmete sich dem daraus folgenden intensiveren Kontakt zwischen Flüssigkeit und Hefe und einer intensiveren Gärung. Auch Mundgefühl und Restzucker verändern sich. In Österreich entwickelten Markus Bachmann und Thomas Köberl eine Methode, die sie unter dem Begriff „Sonor Wines“ vermarkten. Dabei experimentieren sie mit zwei Stufen. Bei der Gärung sorgen Lautsprecher, die in den Tanks montiert sind, für eine besondere Beeinflussung der Hefen und somit einer neuen Weinqualität durch Musik. Dabei arbeiten sie mit Dur und Moll und mit Stilen von Rock bis Polka.

 

Belebende Musikklänge

Die zweite Methode arbeitet mit der Beschallung der befüllten Fässer und der Idee, um eine eigene Art von zweiter Gärung durch Sonifikation auszulösen. Sie erklären: „Der Effekt der Musik erlaubt es der verbliebenen Hefe wieder zum Leben erweckt zu werden, und noch unverarbeitetes Potenzial des Weines weiterzuverarbeiten.“ Etliche Weingüter wenden die Methoden an und betonen, dass es dabei keineswegs um eine esoterische Idee geht, sondern um eine wissenschaftliche Vorgehensweise.

Zahlreiche Brauer widmen sich ebenfalls den Veränderungen der Hefestrukturen und notieren an den Gärtanks zuweilen die Musik, die während des Prozesses gespielt und somit möglicherweise auf das Bier Einfluss genommen hat. Verfahren mit Ultraschall werden bereits seit den 1940-er Jahren in der Brauwirtschaft erprobt. Schon bei den frühen Testreihen konnten spannende Ergebnisse beobachtet werden. Beispielsweise wurden die Hopfenbitterstoffe intensiver gelöst und auch Keime wurden abgetötet. Rasch übernahmen weitere Branchen die Ergebnisse, beispielsweise bei der Herstellung von Käse oder Erdnussbutter. Und natürlich bei Spirituosen.

 

Klang und Cognac, Schallwellen und Whisky

Die Verbindung von Musik und Drink beweist sich alltäglich als bewährt und stabil. Die Verbindung von Hip-Hop zu Cognac mutet auf den ersten Blick kurios an, doch was 2001 mit dem Song „Pass the Courvoisier“ von Busta Rhymes und P. Diddy begann, mündete in mehr als hundert weiteren Songs mit Vokabeln wie „Henny“, „Remi“ und „nyak“ oder „yak“ – für Hennessy, Remy Martin und Cognac.

 

Aber insbesondere bei Whiskey lauschen wir gerne, wenn The Doors verlangen: „Show me the way to the next Whiskey Bar” und Janis Joplin erläutert „What good drinkin‘ can do”. John Lee Hooker rät zudem: “One Bourbon, One Scotch, One Beer” und AC/DC geben einen aus in “Have A Drink On Me”. Selbst die Bekenntnisse zu den Marken bleiben nicht aus. Westernhagen findet in Johnny Walker seinen besten Freund, der Country-Singer Whiskey Dick preist „Jim Beam and me“ und Frank Sinatra ist nicht nur mit einer Flasche Jack Daniel’s begraben, sondern die edelsten Erzeugnisse der Marke werden nach ihm benannt.

 

Vom Tonstudio ins Getränkebusiness

Etliche Musiker haben sich ins Whiskey-Geschäft begeben, wie The Pogues, Willie Nelson, Motörhead, Anthrax oder Drake. Zuletzt erregte Bob Dylan mit seiner Marke „Heaven’s Door“ aufsehen, insbesondere durch hocharomatische Double-Barrel-Fassreifungen. Und mit Metallica bringt eine Band den Schall unmittelbar in die Fässer. Seit 2018 gibt es den Metallica Whiskey „Blackened“. Das Etikett zeigt die visualisierte Schallfrequenz des Songs "…And Justice For All". Der Straight Whiskey reift in stark ausgebrannten Brandy-Fässern, die rund um die Uhr mit Metallica-Songs aus gigantischen Lautsprechern beschallt werden. Zu jedem Batch des Whiskeys wird die Playlist veröffentlicht, die dazu erklang. Die Theorie lautet, dass die Kraft der Klangwellen zu einer Vibration der Flüssigkeit führt, die intensiveren Kontakt zum Holz und dadurch kraftvollere Aromen erzeugen sollen.

 

Ultraschall für die Bar

Der Einsatz von Ultraschall endet nicht bei den Gär- und Lagertanks der Getränkeproduzenten. Auch am Bartresen haben spezielle Geräte Einzug gehalten. Diverse Geräte für diverse Getränke-Bereiche stammen aus der Fabrikation der Firma Hielscher Ultrasonics. In ihren Produktbeschreibungen ist zu lesen: „Brennereien setzen Hochleistungs-Ultraschall ein, um die Qualität von Spirituosen innerhalb von Stunden zu verbessern und damit die zeitaufwendige, bis zu mehreren Jahren dauernde Fassreifung zu überspringen oder zu reduzieren. Ultraschall fördert die mechanischen und chemischen Reaktionen, die unter herkömmlichen Reifebedingungen mehrere Jahre dauern, und verdichtet sie auf wenige Stunden Behandlungszeit. Mit Ultraschall gealterte und geglättete Destillate werden als vollmundige, runde und gereifte Liköre anerkannt, die die gleichen Qualitätsmerkmale aufweisen wie langjährig im Fass gereifte Spirituosen.“

 

Mischtechnik ermöglicht neue Geschmackserlebnisse

Und das Gerät speziell für die Cocktailbar erläutert das Unternehmen so: „Ultraschallwellen ermöglichen es, neuartige Aromen zu extrahieren, Spirituosen und Wein zu altern sowie Öl/Wasser-Gemische innerhalb von Sekunden zu emulgieren. Diese schnelle Infusions- und Mischtechnik eröffnet ein neues Feld für völlig neuartige Geschmackserlebnisse und Geschmackskombinationen. Vor allem Pflanzenextrakte wie Kräuter, Gewürze und Holz eignen sich hervorragend. Mit einem Ultraschallmischer wie dem UP200Ht kann somit etwa ein Whisky mit Geschmacksstoffen aus Eichenholzchips versetzt werden, wodurch der Whisky ein Geschmacksprofil entwickelt, als wäre er mehrere Jahre im Fass ausgebaut worden.“

Einer der Avantgardisten innovativer Bar-Ideen ist stets Alex Kratena in London. Bereits 2014 investierte er 3.000 Pfund in ein Ultraschallgerät für die Artesian Bar und sah es als Hilfsmittel, um durch 20.000 ultrasonische Impulse pro Sekunde intensive Aromen aus Kräutern und Gewürzen zu extrahieren. In Deutschland steht die Frankfurter Kinly Bar stets für die Avantgarde innovativer Bar-Techniken, und so kommen auch hier Ultraschallwellen zum Einsatz.

Wir dürfen demnach gespannt sein, welche flüssigen Entwicklungen durch Klang, Schall und Musik in nächster Zeit auf unsere Tresen kommen. Bis es so weit ist, folgen wir dem Rat des Humoristen Heinz Erhardt: „Drum singe, wem Gesang gegeben, und wer’s nicht kann, soll einen heben.“

 

Bar ohne Namen

Entschlossen verweigert sich Savage, der Bar einen Namen zu geben. Stattdessen sind drei klassische Design-Symbole das Logo der Trinkstätte in Dalston: ein gelbes Quadrat, ein rotes Viereck, ein blauer Kreis. Am meisten wurmt den sympathischen Franzosen dabei, dass es kein Gelbes-Dreieck-Emoji gibt. Das erschwert auf komische Weise die Kommunikation. Der Instagram Account lautet: a_bar_with_shapes-for_a_name und anderenorts tauchen die Begriffe ‘Savage Bar’ oder eben ‚Bauhaus Bar‘ auf.

 

Für den BCB bringt Savage nun sein Barkonzept mit und mixt für uns mit Unterstützung von Russian Standard Vodka an der perfekten Bar dazu.