Karriereplanung für Bartender
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Drei international gefeierte Bar Experten sprachen bei einer Podiumsrunde von WSET während des BCB über ihre individuellen Wege zum Erfolg.
Die wichtigsten Stationen zu Beginn einer Karriere als Bartender standen im Mittelpunkt eines der Top-Experten-Talks während des BCB in Berlin. Die international bekannten Experten aus der Szene Chockie Tom, Iain McPherson und Karim Fadl sprachen auf der Bühne über ihre Visionen, Netzwerk- und Imageaufbau sowie ihre ganz persönlichen Wege zum Erfolg. Sie gaben ihr Wissen und ihre Erfahrungen weiter, wie es gelingt, sich von der Masse abzuheben und die eigene Karriere individuell zu gestalten. Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Charlie McCarthy von WSET.
Die Vision
Zu Beginn ihrer Karriere sei es vor allem ein guter Job gewesen. Er habe ihr die Möglichkeit gegeben, wertvolle Fähigkeiten zu entwickeln und überall auf der Welt zu arbeiten, berichtete Chockie Tom. Die preisgekrönte amerikanische Bartenderin und Markenbotschafterin bringt aufgrund ihrer indigenen Wurzeln eine ganz eigene Perspektive in die Branche. Sie begann ihre Karriere in Kalifornien und ging dann nach New York, um sich dort auch international neue Optionen zu eröffnen. Obwohl sie zunächst in kleineren Läden beschäftigt war, entwickelte sie dort bereits ihre eigenen Geschmackskompositionen und schaffte es schließlich ganz nach oben. Heute sieht sie ihre Verantwortung darin, die gesamte Branche mitzugestalten und auch anderen Chancen zu eröffnen.
Seine anfängliche Vision sei es gewesen, seine Miete bezahlen zu können und irgendwie zu überleben, betonte Iain McPherson. Jüngst bei den Class Bar Awards zum Innovator of the year gekürt, zählt er zu den einflussreichsten Persönlichkeiten der globalen Getränkeindustrie. Neben seinen mehrfach ausgezeichneten Bars hat er sich vor allem mit seinem Erfindergeist bei verschiedenen Gefriertechniken einen Namen gemacht. Er wirbt um Geduld bei der Karriereplanung und plädiert dafür, alles Schritt für Schritt anzugehen. Nachdem er die erste Ebene erreicht habe, sei es sein Ziel gewesen, über Netzwerke sein Profil auf die richtige Art und Weise zu schärfen und seine Bekanntheit zu erhöhen. Die Hauptantriebskraft sei jedoch seine Begeisterung für Gefriertechniken gewesen. „Der Grund, warum ich so weit gekommen bin ist, dass es etwas gab, von dem ich wirklich besessen war“, betonte Iain McPherson. Er empfiehlt, der eigenen Leidenschaft zu folgen, um seinen Weg zu finden.
Der Austausch über Produktion und Techniken sowie die eigene Entwicklung und Weiterbildung ist für Karim Fadl mindestens ebenso wichtig wie eine Vision. Er begann seine Karriere als Bartender 2010 in der preisgekrönten Amano Bar, war dann Markenbotschafter für große Spirituosenhersteller und ist inzwischen als New Ventures Manager bei Moët Hennessy tätig. Sich ein Grundlagenwissen anzueignen, die Hintergründe und Produktionsprozesse der Spirituosen zu kennen, sei essentiell, um Erfahrungen mit Menschen vom anderen Ende der Welt auszutauschen, seine Fähigkeiten zu verfeinern und die eigene Vision auch zu verwirklichen.
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Der Markenaufbau
Ihre indigene Herkunft ist für Chockie Tom integraler Bestandteil ihres persönlichen Brandings. Sie versteht sich als Botschafterin und Türöffnerin für ihre Gemeinschaft. Durch ihre Arbeit möchte sie im Rest der Welt ein Verständnis für die indigene Kultur wecken und deutlich machen, das zahlreiche alltägliche Zutaten wie Tomaten, Mais oder Chinin dort ihren Ursprung haben. Es gehe ihr um weit mehr als um Aromen, sie ziele auf Wissensvermittlung – beispielsweise, wenn es um die Rolle der Sklaverei im Zusammenhang mit der Entstehung der kalifornischen Weinindustrie gehe. „Das ist ein entscheidender Teil von dem, was mich ausmacht.“ Ihr spezieller Humor sei ein weiterer wichtiger Aspekt ihrer Markenbildung. Damit ecke sie auch zuweilen an, doch es sei nun einmal Teil ihrer Persönlichkeit.
Freundlichkeit und ein persönliches Netzwerk haben für Iain McPherson entscheidend zu persönlichen Markenbildung beigetragen. „Ich denke, wir sollten andere so behandeln, wie wir selbst behandelt werden möchten“, betonte der erfolgreiche Bartender. Das gelte für ihn im Hinblick auf seine Mitarbeiter und sein persönliches Umfeld. Auch wenn der Weg in den Beruf oft schwierig, stressig und manchmal auch deprimierend sei, wolle er sich kein Beispiel an denjenigen nehmen, die überheblich und egoistisch werden, sobald sie einen bestimmten Status erreicht hätten. Ihm ist es wichtig, seine wahren Freunde nicht zu vergessen, freundlich mit seinen Mitarbeitern umzugehen und in dieser Hinsicht auch ein Vorbild zu sein. „Ich möchte nicht nur ein guter Bartender, sondern auch ein guter Mensch sein.“
Neugier und Wissensdurst waren und sind für Karim Fadl der Schlüssel zu seinem Erfolg. Er wollte von Beginn an nicht nur Spirituosen verkaufen, sondern auch mehr über den Geist erfahren, der dahintersteckt. „Ich bin immer tiefer eingestiegen, wollte wissen, wie sich Marken aufbauen und wie die Produktion dahinter wirklich funktioniert.“ Denn der Geschmack sei immer ganz eng mit dem Herstellungsprozess verbunden. „Wer den Zusammenhang zwischen der Flüssigkeit, der Art und Weise ihrer Produktion verstanden hat, der hat als Bartender mehr Möglichkeiten und kann auch kostengünstigere Entscheidungen treffen. Denn wer weiß, wonach er suchen muss, kann anstelle einer 50-Dollar-Flasche vielleicht etwas viel Besseres für 32 Dollar finden.“ Geschäftstüchtigkeit gehört für ihn jedoch auch zum Erfolg dazu. Bartender sollten sich nicht nur mit der eigenen Marke beschäftigen, sie sollten auch mit Gesetzen, Steuern und Buchhaltung auskennen.
Die persönliche Note
Partnerschaften mit den richtigen Leuten, mit den passenden Unternehmen und Marken einzugehen, gehört für Chockie Tom zum Karriereaufbau unbedingt dazu. Bei der Auswahl authentisch zu bleiben, ist ihr besonders wichtig. „Als ich jünger war, dachte ich: Nun, wenn diese Marke nicht mit mir zusammenarbeiten will, mache ich etwas falsch. Und dann wurde mir klar, dass sie einfach die falschen Marken für mich waren, denn viele der Dinge, die ich mache, sind sehr eng mit den Werten verbunden, die ich kulturell und als Person repräsentiere.“ Sie achtet daher darauf, dass die jeweiligen Marken ein ähnliches Werteverständnis haben. Andernfalls gäbe es keine Basis für eine langfristige Partnerschaft und es entstünde ein toxisches Umfeld für sie. Sich selbst und den eigenen Wert auch finanziell realistisch einschätzen zu können, sei ein weiterer wichtiger Aspekt und häufig ein Tabuthema in der Branche. Es sei jedoch wichtig, sich damit auseinander zu setzen.
Disziplin und Selbstfürsorge liegen Karim Fadl am Herzen, auch wenn das nicht immer einfach sei. Doch gerade wer sechs Tage in der Woche zwölf Stunden arbeite, müsse sich um seine körperliche und mentale Gesundheit kümmern. So verzichtet er jedes Jahr im August mindestens einen Monat lang auf Alkohol. Dann gehe er auch wieder mehr ins Fitness-Studio und kümmere sich um seine Kondition.
Iain McPherson hat für seine Mitarbeiter die Vier-Tage-Woche eingeführt, um ihnen genügend Zeit zu geben, Dinge außerhalb der Arbeit zu erledigen. Er zwingt seine Leute nicht dazu, Sport zu treiben, aber er versucht selbst, sich regelmäßig zu bewegen und gesünder zu ernähren.
Der Experten-Rat
Karim Fadl: „Es ist okay, das zu tun, was Du fühlst. Aber achte immer darauf, dass Du eine Vision hast, die Dich von anderen unterscheidet. Sie kann sich im Laufe der Zeit verändern, doch Du solltest daran festhalten, denn dann weißt Du auch in stürmischen Zeiten noch, warum Du es tust.“
Chockie Tom: „Ich denke, es sind zwei Dinge: Das eine ist, Deine eigene Nische zu finden und dort seinen Samen einzupflanzen. Das andere ist, immer nett zu den Menschen zu sein, mit denen Du zusammenarbeitest. Denn wir sind eine kleine Branche und Dein Bar Back könnte irgendwann Dein Chef sein.“
Iain McPherson: „Es geht darum, auf dem Boden zu bleiben. Ich lerne jeden Tag und stelle immer noch viele Fragen. Je mehr Fragen Du stellst und je mehr Du lernst, umso besser wirst Du. Ich denke, das ist der beste Weg, um weiter zu wachsen und sich weiter zu verbessern.“