Lauren Mote: Wie man seine Chancen maximiert

©  Jonathan Chovancek

Die Global Director für On-Trade Excellence bei PATRÓN Tequila und Mitgründerin von Bittered Sling Bitters hat den Stier immer bei den Hörnern gepackt. Sie spricht darüber, wie sie zu einer naturgegebenen Führungskraft wurde, das optimale aus ihren Plattformen herausholt und sich ständig für die Zukunft begeistern kann.

Lauren Mote sehnte sich schon immer nach Aroma. Aufgewachsen bei einer alleinerziehenden Mutter, wo das Geld knapp war, bekamen sie und ihre Geschwister in den Anfangsjahren nur das zu essen, was sich ihre Mutter leisten konnte. Sie verbrachte viel Zeit in der Küche mit ihrer Oma Florence, die ihr Techniken und andere Lebensmittel zeigte, während ihr Großvater die mit Spirituosen, Bier und Ingwerwein bestückte heimische Bar betreute – Freunde wurden oft mit „White Russian“ und „Pink Squirrel“ verwöhnt. „Ich habe immer die unterhaltsame Seite der Dinge erlebt,” erinnert sie, “Anlässe feiern, Gastfreundschaft und wie Aromen zusammen wirken.“

Als sie älter wurde und mehr Geld hatte – ein Vorteil, wenn man in Toronto ‚dem Land, wo es alles gibt’ lebt - kam Mote mit einer Unzahl von Gerichten in Berührung wie unter anderem Sushi, Thai, Indisch, Äthiopisch, Mexikanisch oder Karibisch. Das Einzige, was sie tatsächlich mied, war typisch amerikanisches Essen, bzw. viel Fleisch (wie ihre Mutter).  

Diese Elemente ihrer Erziehung blieben nicht ohne Spuren – fällt heute der Name Mote in der Getränkeszene dann steht der für ‚Aroma‘ und ‚Gastfreundschaft‘. Ihr Lebenslauf ist ausgesprochen  ehrgeizig: Sie ist aktuell als Global Director für On-Trade Excellence bei PATRÓN Tequila tätig, wo sie das Förderprogramm der Marke für Bartender durch Schulungs-, Mentoring- und Erlebnisplattformen leitet, während sie auch zu den Gründern der Firma Bittered Sling Bitters gehört, zudem in zwei Ausschüssen von „Tales of the Cocktail“ sitzt und noch ein Buch geschrieben hat, das 2022 veröffentlich wurde: A Bartender's Guide to the World: Cocktails and Stories from 75 Places.

In anderen Positionen hat sie praktisch jede Art von Bar oder Restaurant betrieben – von der Kneipe bis zu Relais & Chateaux, ganz zu schweigen von ihrer Arbeit als Expertin und langjährige Beraterin für solche Unternehmen wie Diageo global oder Four Seasons, Nordamerika – nicht schlecht für jemanden, der seine berufliche Laufbahn in der Gastronomie als singende Kellnerin in dem 60er Limo- und Burgerladen ‚Lick’s‘ in Toronto begonnen hat. Am Anfang ihrer Karriere agierte sich als Sommelière und Catering-Chefin bevor sie die Seite wechselte und hinter der Theke zu jemandem wurde, der stets als Destillier- und Cocktail-Expertin galt. Und 27 Jahre später gilt Mote noch immer als Spezialistin. 

©  Jonathan Chovancek

Zu viel vorbereiten bzw. liefern

Mote’s Karriere begann mitten in einer kanadischen Lebensmittel- und Getränkerevolution. 2007 zog sie von Toronto nach Vancouver, um zusammen mit ‘Iron Chef’ Robert Fennie und Sommelier Sebastien Le Goff das Bar-Team im Lumiere zu leiten und dort deren Barprogramm und die Philosophie zu entwickeln (Begriffe, die zu der Zeit für die kanadische Bar-Szene noch relativ neu waren). Sie und ihresgleichen wollten der Welt unbedingt beweisen, welches Talent Kanada zu bieten hat.

Im Alter von 28 Jahren traf sie ihren Ehemann, den Koch Jonathan Chovancek, und das Paar begann darüber nachzudenken, wie sie ihre jeweiligen Talente kombinieren könnten, um die Lücken auf dem kanadischen Markt zu füllen. „Wir sind beide besessen von dem was wir tun – und davon, alles spitzenmäßig zu machen. Wir sprechen liebend gern über Essen, Trinken, Zutaten, Erfahrungen, wir lehren gern, und wir schulen und bringen gerne Menschen weiter. Wir hatten einfach die Energie und Tatkraft immer noch mehr zu machen.“ 2011 eröffneten die Beiden ein Boutique Catering- und Beratungsunternehmen, Kale & Nori, bevor sie ihre eigene Cocktail-Bitter Marke lancierten: Bittered Sling.

Dabei die Führungsrolle zu übernehmen, fiel Mote nicht schwer: “Die Führungsrolle war für mich das Natürlichste der Welt, denn meine Mutter und Großmutter hatten das ja auch getan. Sie waren Führungspersönlichkeiten. Ich hatte die gleiche Energie, den Antrieb wie sie, die Leidenschaft und den Fokus. Ich sah, wie weit wir kommen könnten, ich hatte das Hintergrundwissen – es fühlte sich einfach an wie der richtige Ort und Zeitpunkt.“ Sie fand sich prompt auf der Titelseite von Magazinen wieder, Chovancek im Fernsehen: „Wir haben jede Gelegenheit optimal genutzt.“

Auch der Wettbewerb war eine Facette bei Mote’s vielseitigen Aktivitäten – sie war immer leistungsbereit und freute sich, für Andere besondere Erlebnisse zu schaffen. Bei ihrem ersten Wettbewerb bereitete sie „zu viel vor und lieferte zu viel“; die 500 kanadischen Dollar, die sie gewann, gab sie im Handumdrehen für Drinks für ihre Mitbewerber aus – das Preisgeld war in einer Stunde weg. 2010 gewann sie dann den ‚Grey Goose Iconoclast‘, und 2015 beim ‚World Class Canada‘ gelangte sich unter die Top 12 bei den Finals in Südafrika und trat den Tag nach ihrer Hochzeit an. „Kanada war in den Jahren 2013 – 2018 noch ein Newcomer auf der Weltbühne; so habe ich in einem Wettbewerb alleine 43 verschiedene Cocktails und Beiträge kreiert.“

 

Einfach immer weiter

Wenn es um die Frauen geht, von denen sie sich inspirieren lässt, dann blickt Mote sowohl auf die, die sie in der Branche und während ihrer Laufbahn getroffen hat (Julie Reiner, Claire Warner und Charlotte Voisey) als auch die, die heute in der Branche ihren eigenen Weg gehen (Kate Boushel, Evelyn Chick, Christina Veira, Millie Tang, Lauren ‘LP’ O’Brien, Roberta Mariani, Kaitlin Wilkes, Giulia Cuccurrulo, Mor Koral, Gina Barbachano). Mote bewundert die Fähigkeit Letzterer, die heute zur Verfügung stehenden Instrumente zur Förderung ihrer Karrieren einzusetzen: „Sie sind beinahe mächtiger als alle anderen. Sie besitzen die Fähigkeit, ihre Kräfte zu bündeln und nutzen Social Media, um für das einzustehen, an was sie glauben, und ihre Generation zu vertreten.“

Besonders angetan hat es Mote ihre enge Freundin Dani Tatarin, eine Bartenderin, die sie während ihrer Zeit in Vancouver traf und der es gelang, der kanadischen „The Keefer Bar“ einen Platz auf der internationalen Karte zu verschaffen. (Tatarin besitzt jetzt die in kleinen Mengen produzierte Mezcal-Marke Gota Gorda und betreibt eine Mezcaleria in Zipolite, Mexiko.) „Als wir noch in Vancouver gearbeitet haben, waren wir so viel Sexismus und Belästigung an unseren jeweiligen Arbeitsplätzen und durch andere Leute in der Branche ausgesetzt. Wir haben einfach immer weiter gemacht, denn damals war das normal… aber ich könnte mir schon vorstellen, dass Dani und ich zusammen mit vielen anderen Frauen in der Branche in Kanada und den USA da etliches in Rollen gebracht haben.“

Sie wollten den Frauen in ihrer Industrie gerecht werden und so schlossen sich Mote und Tatarin vor 10 Jahren mit Ivy Mix and Lynette Marrero zusammen, um den „Speed Rack“ Wettbewerb für Speed Bartending für Damen nach Kanada zu bringen. „Wir hatten immer Kontakte zu anderen Frauen und Firmen in der Branche und es ging darum auch mal selbst das Mirko in der Hand zu haben und Chancen für unsere Gemeinschaft zu schaffen.“ Sie arbeiteten hart für die Anerkennung durch Preise und dafür die Öffentlichkeitswirksamkeit auch richtig auszunutzen. „Plötzlich stehst Du auf einer Bühne vor Deiner ganzen Branche mit einem Mirko in der Hand. Was sagst Du dann? Für mich ging es immer darum, den richtigen Platz zu finden, um über die Dinge zu sprechen, die wirklich wichtig sind und wie die Branche zusammen wirklich etwas im Leben der Menschen bewegen könnte, wenn wir uns richtig fokussieren, mit dem richtigen Narrativ.“

 

Raum besetzen

Ein Jahrzehnt später gehört Mote zu den Mentoren in der Branche, zu denen man am meisten aufschaut. Nachdem sie den Großteil ihrer beruflichen Laufbahn mit Menschen verbracht hat, die von ihr Antworten erwarteten, war der Schritt zur Mentorin ein logischer. „Ich weiß nicht, ob es jemals einen Übergang gab, von der Suche nach einem Mentor zu dem Punkt, wo plötzlich die Leute auf mich als Mentorin zugekommen sind. Ich fühlte mich einfach richtig an meinem Platz, denn ich bin ja immer eine Leiterin gewesen, immer eine Managerin gewesen, ich habe mich immer in einer Mentoren- und Lehrposition befunden… es ist einfach so gekommen.“ In ihrer aktuellen Position bei PATRÓN Tequila ist die Mentorenrolle von zentraler Bedeutung für alle weltweiten Advocacy-Programme. Seit sie zu dem Unternehmen kam, hat Mote hat schon zahlreiche Branchenführer in das Programm involviert, und neue Wege zur Schulung, Unterstützung und Inspiration der Bartender-Szene, die mit der Spirituosenkategorie Tequila arbeitet, geschaffen.

Es überrascht nicht, dass sie sich ständig selber weiterbildet und Lehren aus zahlreichen Büchern zieht, die sie tagtäglich nutzt, ohne es zu bemerken: RealTime Coaching: A Simple, Practical Approach for People Who Rely on Others to Create Results (‘jedes konstruktive Feedback wird von beiden Seiten mit positiver Verstärkung verpackt’) und die Bücher konzentrierten sich über die Jahre auf die Entwicklung von Führungsstilen, die bei der Persönlichkeitsentwicklung mehr auf das Querdenken setzen.

Die Zukunft der Branche wird an der Kommunikation hängen, an der Vorbereitung der Stabübergabe und an dem Blick auf unser jeweiliges Erbe, sagt Mote. Auch Vielfalt und Inklusion nehmen in ihrer Denke einen führenden Platz ein: „Bei jeder Gruppe, jedem Projekt, Panel oder einer Jury, die man zusammenstellt, müssen Gedankenvielfalt vorhanden sein, Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen, Ländern, Branchensektoren, kulturellen Hintergründen… und das muss sowohl nicht verhandelbar als auch stets präsent sein bei diesem Thema. Warte nicht darauf, dass Dir jemand eine Chance gibt, besetze den Raum, wo immer Du ihn siehst, und fülle ihn mit Güte.“

In Bezug auf ihre eigene Zukunft konzentriert sich Mote eher auf den Weg als das Ziel. „Ich lasse auch bei gewissen Dingen, die ich für mein Leben will, nicht mit mir handeln, da wir Grenzen haben müssen und diese Grenzen auch laut artikulieren müssen; aber ansonsten werde ich mich treiben lassen und super offen sein für das, was da in meiner Richtung kommt. Ich werde mein Bestes tun. Das wird manchmal eine Herausforderung, aber ich liebe wirklich, was ich mache. Ich sehe, dass sich etwas bewegt… ich denke, wenn wir zu festgefahren bei dem werden, was wir uns für unsere Zukunft selbst wünschen, dann verursacht das mehr Enttäuschung als Freude – und ich will einfach voller Freude, präsent und erfüllt sein.“

Ein Artikel von Millie Milliken,

Award-winning Drinks and Hospitality Journalist