Sind Strohhalme aus alternativen Materialien auch eine Lösung?
Louisa: Was die Strohhalme betrifft: Geh‘ deine Getränkekarte durch und finde heraus, zu welchen Getränken du derzeit Strohhalme anbietest. Oder beobachte deine Mitarbeiter während einer Schicht: In welche Getränke stecken sie Trinkhalme? Halte welche an der Bar bereit, damit die Kunden sich selbst aussuchen können, und achte im Idealfall darauf, dass sie wiederverwendbar sind. Auch wenn sie aus Papier bestehen, kompostierbar oder biologisch abbaubar sind, ist es dennoch Einweg. Wir müssen das Narrativ weg hin zu wiederverwendbaren Lösungen verschieben oder ganz eliminieren.
Wie sieht es beim Thema Energie aus?
Louisa: Wir schlagen vor, auf erneuerbare Energien umzusteigen und die Energiemenge zu reduzieren, indem man versteht, was den Verbrauch verursacht. Oftmals kann man mit dem Energieversorger zusammenarbeiten, der die Bereiche des Betriebs segmentiert und die Teile mit dem meisten Verbrauch identifiziert – ist es die Küche, sind es die Kühlschränke?
Und Gästen? Wie können wir sie einbeziehen? Wir wissen, dass Bars auch Refugien sind. Man will seine Gäste nicht mit Umweltproblemen stressen, denke ich.
Louisa: Absolut. Niemand will an einem Freitagabend mit Nachhaltigkeitsinformationen bombardiert werden, wenn man sich eigentlich entspannen will (lacht). Oft geht es um Optionen: Es wird immer Kunden geben, die mehr an Nachhaltigkeit interessiert sind. Wie hat man also die Informationen für Menschen parat, die Kaufentscheidungen basierend darauf treffen möchten, ob das Unternehmen nachhaltig arbeitet oder nicht? Wie kommuniziert die Bar über das Erreichte und auch über Dinge, die man noch nicht ganz erreicht hat? Es ist eine Reise und keine Bar wird jemals das Thema Nachhaltigkeit „vollendet“ haben. Es ist ratsam, Informationen auf der Website, in den sozialen Medien oder auf der Rückseite der Cocktailkarte bereitzustellen.
Darüber hinaus wird es immer bestimmte Aspekte der Nachhaltigkeit geben, die die Marke der Bar, das Unternehmen und sein Team stärker ansprechen. Vielleicht liegt es der Bar besonders am Herzen, dass sie keine frischen Garnituren mehr verwendet, oder sie legt Wert darauf, Einfluss auf die Gesellschaft zu nehmen. Man sollte Dinge auswählen, die die Mitarbeiter wirklich ansprechen. Darüber werden sie am liebsten sprechen.
In Restaurants ist ein entscheidender Aspekt der Nachhaltigkeit die Auswahl der Lebensmittellieferanten. Auch in Bars?
Louisa: Es ist wirklich wichtig, über die Nachhaltigkeitsaspekte seiner Produkte im Rückbuffet Bescheid zu wissen, indem man den Herstellern schlicht Fragen stellt: Wir möchten mehr über die Nachhaltigkeitsprojekte erfahren, an denen Sie arbeiten. Können Sie uns diese Infos bitte mitteilen, damit wir unser Team schulen können? Die Lieferanten sind für einen großen Teil des Nachhaltigkeits-Fußabdrucks verantwortlich, und einige arbeiten an sehr zukunftsweisenden Initiativen. Bartender stehen beim Verkauf von Getränken an Kunden an vorderster Front. Das ist ein Schlüssel: Denn wenn Kunden an Nachhaltigkeit interessiert zu sein scheinen oder nicht genau wissen, welches Getränk sie möchten, bietet sich hier die Gelegenheit, um das Einkaufsverhalten basierend auf den Nachhaltigkeitsinformationen, die man nun von den Lieferanten hat, zu beeinflussen.
Wie kann man bei der Recherche dieser Nachhaltigkeitsinformationen von Lieferanten Voreingenommenheit oder gar Greenwashing vermeiden?
Louisa: Ich würde sagen, dass man immer auf Zertifizierungen von Drittanbietern achten sollte. Arbeiten sie mit anderen Partnern in der Branche zusammen, um die Dinge, über die sie sprechen, zu validieren oder zu verifizieren? Bei Fairtrade weiß man: Da liegt ein anderes Nachweislevel vor. Wir bei der SRA wissen, dass eine Hauptmotivation für einige der Pubs und Bars, mit uns zusammenzuarbeiten, darin besteht, dass ein Dritter ihre Initiative durch ein Rating überprüft. Es bietet ihren Kunden ein gewisses Maß an Sicherheit.
Generell: Was sollten Spirituosenmarken aus deiner Sicht tun, um nachhaltiger zu werden?
Louisa: Spirituosen sind im Grunde genommen Food. Ihr Weizen, ihre Gerste etc. wird bis zur Verarbeitung auf die gleiche Weise angebaut. Bei den Getränkemarken sehe ich viel Nachhaltigkeit in den Bereichen Produktion, Transport, Herstellung oder Verpackung. Aber rund 70 Prozent des CO2-Fußabdrucks der meisten Lebensmittel entstehen, bevor sie das Hoftor verlassen. Wie können wir also sicherstellen, dass Alkoholmarken im landwirtschaftlichen Bereich etwas bewirken, dass der Rohstoff durch zukunftssichere, regenerative landwirtschaftliche Praktiken angebaut wird? Es ist nur eine Frage der Zeit, bis biologischer Anbau verbindlich wird.
Bars durchleben, wie wir alle wissen, aufgrund der Corona-Situation schwierige Zeiten. Wie können sie unter diesen Umständen Nachhaltigkeit betreiben? Wo sie doch alle auf ihr Budget achten müssen?
Louisa: Ein nachhaltiges Geschäft ist nur möglich, wenn es auch finanziell nachhaltig ist. Bestimmte Anpassungen werden ein wenig mehr Geld kosten. Aber vieles dreht sich um Vereinfachung und um Effizienz. Nehmen wir das Beispiel Zitrusfrüchte und Lebensmittelabfälle: Wir nennen Zitrusfrüchte oft das Fleisch der Barindustrie. Viele verderben. Sie reisen vom anderen Ende der Welt, oft ohne Zertifizierung oder Standards. Sie verursachen viel Umweltverschmutzung und brauchen Pestizide. Wir empfehlen, Fairtrade-Zitrusfrüchte zu beziehen. Oft kommt dann die Antwort: Das ist teurer. Es geht also darum, sich zu fragen: Wie reduzieren wir, wie machen wir den Betrieb effizienter? Welche Getränke brauchen wirklich, wirklich Zitrusfrüchte? Wenn man die Menge an Zitrusfrüchten halbieren kann, weil man sie darauf reduziert, wirklich Geschmack zu verleihen, hat man das Kapital, um in eine Beschaffung zu investieren, die Nachhaltigkeitsstandards berücksichtigt. Bei Strohhalmen ist es genauso: Braucht man sie wirklich? Die nachhaltigste und günstigste Variante ist der, den man gar nicht erst gekauft hat. Unser Mund ist Jahrtausende sehr gut ohne sie ausgekommen.
Louisa, vielen Dank.