Der Weg zum Top-Bartender: Wie Weiterbildung in der Barbranche funktioniert

Viele von uns wurden in der Annahme Bartender, dass dies ein temporärer Job sei, um ihn dann letztendlich doch zum lebenslangen Projekt zu machen. Denn wenn man durch Zufall Bartender wird, ist es oft ein logischer nächster Schritt, daraus eine erfüllende Berufswahl zu machen. Der Weg, den man von "Ich brauche einen Nebenjob, um die Miete zu bezahlen" zu "Ich möchte das ernsthaft angehen" geht, mag geradlinig erscheinen, ist aber nicht immer ein einfacher.

Welche Hilfsmittel stehen einem angehenden Bartender zur Verfügung, um zu lernen? Was sind die notwendigen Schritte? Welche Fehler sind zu vermeiden? Das Thema Ausbildung ist ein Dauerbrenner in der Bar-Szene. Bartending ist ein so praktisches Feld, aber es erfordert eine Menge Methodik und Disziplin, wenn man erfolgreich bleiben und diesen Weg als langfristige Berufswahl verfolgen will.

 

Nicht immer ist das selbstständige Lernen das Beste

Ich glaube fest daran, dass es wichtig ist, sich mit Menschen zu umgeben, die smarter sind als man selbst. Nicht geht über den direkten Austausch zwischen zwei Menschen, um Wissen zu generieren. Hier ist allerdings der Haken: Autodidakten werden für ihren Einfallsreichtum und ihre lösungsorientierte Herangehensweise gelobt, aber ich habe festgestellt, dass Bartender oft in diesen Mechanismus gedrängt werden. Im Gegensatz zu geradlinigeren, akademischeren Berufen mit regelmäßigen Prüfungen, um die eigenen Fähigkeiten zu testen, fehlt dem Bartending eine formale Ausbildungsstruktur.

 

Struktur in eine bewegte Branche bringen

Woran liegt es, dass die Versuche, Wissen zu strukturieren und zu teilen in unserer Branche bisher nicht gefruchtet haben? Es gibt zwar unabhängige und IHK-anerkannte Bartender-Schulen, aber irgendwie scheint die Teilnahme an einem Kurs alleine einen Bartender eben nicht wertvoll für Top-Bars zu machen. Erfahrung ist der Kern von allem. Wohlgemerkt, ich führe keinen Krieg gegen Bartender-Schulen. Sie sind ein guter Ausgangspunkt, aber Erfahrung in hoch angesehenen Einrichtungen wird immer mehr Gewicht in einem Lebenslauf haben, als der Abschluss eines Kurses.

Die Welt des Bartending entwickelt sich schnell weiter. Und so sehr das Halten eines Messers oder eines Barlöffels immer die gleiche Fähigkeit sein wird, so sehr verändern verschiedene Trends und Herausforderungen – zum Beispiel Nachhaltigkeit – die Organisation einer Bar ständig neu. Für Ausbildungseinrichtungen ist es schwer sich diesem stetigen Wandel in Echtzeit anzupassen.

Des Weiteren ist die Beziehung zu den Gästen ist das Herzstück unserer Branche. Am Ende des Tages hat die beste Bar der Welt ohne Gäste keine Existenzberechtigung. Der beste und einzige Weg zu lernen, wie man mit Gästen umgeht, ist, nun ja, mit Gästen umzugehen.

 

Mein Weg zum Bartending: Der Klassiker

Wie viele von uns bin auch ich eher zufällig zum Bartending gekommen. Ich war nach Berlin gezogen, um mein Deutsch zu verbessern und wollte Übersetzer werden. Schließlich wurde ich Stammgast in einer lokalen Cocktailbar (Redwood Bar, Berlin Mitte), wo meine Leidenschaft für Spirituosen und deren Mixen langsam meine Leidenschaft für das Übersetzen von Waschmaschinenanleitungen in den Schatten stellte. Schließlich fasste ich den Entschluss meinen ursprünglichen Berufswunsch (buchstäblich) in meiner neu entdeckten Leidenschaft zu ertränken: Das war es, ich wollte Bartender werden. Eine klassische Geschichte. Am Ende begann ich meinen neuen Weg in genau dieser Bar und hatte das Glück, einen Mentor zu haben.

 

Vom Glück einen Mentor zu haben

Was bedeutete das praktisch? Da ich in meinem ganzen Leben noch nie im Gastgewerbe gearbeitet hatte, musste ich alles von Grund auf lernen. Shawn, der damalige Bar-Manager, nahm mich unter seine Fittiche und lehrte mich die Grundlagen der klassischen Cocktails, Werkzeuge und Techniken. Ich erinnere mich, wie er mir lässig sagte, dass diese Dinge eine Weile dauern würden. und dass das Wichtigste sei, wie ich auf die Gäste zugehe. Jeden Abend führten wir eine Nachbesprechung durch, etwa über meine Erfahrungen mit den Gästen, wie ich auf sie einging, was ich falsch machte und was ich verbesserte. Seitdem hat nichts mehr dieser persönlichen Art des Lernens das Wasser reichen können, weshalb Mentoren so wichtig sind. Sie helfen nicht nur die praktischen Fähigkeiten zu entwickeln, sondern auch, den eigenen Platz in der Bar-Welt zu finden.

 

Die Bedeutung der Bar-internen Ausbildung

Mit der Zeit wurde ich nicht nur ein besserer Bartender, ich wurde ein besserer Redwood-Bartender. Einen Mentor zu haben und im Betrieb selbst zu lernen ist viel wert. Wechselseitigkeit ist alles: Wenn ein Mentee ein personalisiertes Training erhält, kann der Mentor einen Bartender ausbilden, der perfekt auf die Bar zugeschnitten ist. In einer Branche mit einer hohen Fluktuationsrate kann es wie eine riskante Wette oder Zeitverschwendung erscheinen, in ein Schulungsprogramm für Bartender zu investieren. Direktes Mentoring ist jedoch unglaublich wichtig für neue Bartender und sollte eine Priorität sein, wenn die Bartender-Gemeinschaft wirklich eine Gemeinschaft ist.

 

Der Einstieg der Brands in den Weiterbildungs-Bereich

In den letzten Jahren haben Marken eine zentrale Rolle bei der Ausbildung von Bartendern gespielt. Bar- und Zechtouren wurden allmählich durch Workshops und Seminare ersetzt. Ob durch Wettbewerbe, Masterclasses oder Bildungsreisen: Immer mehr Marken setzen nun auf den Bildungsweg, um sich in der Premium-Barbranche zu positionieren. Die Idee ist einfach: Marken finanzieren Bildungsveranstaltungen, zu denen Bartender eingeladen werden, um mehr über ihr Handwerk zu lernen, um einerseits das Gemeinschaftsgefühl zu fördern und andererseits eine Bindung zu ihrer Marke zu schaffen.

 

Bildungsangebote auch den Neuen zugänglich machen

Der pädagogische Wert dieser Veranstaltungen ist unbestreitbar und die Marken leisten auf diese Weise einen massiven Beitrag für die Branche, wofür wir alle sehr dankbar sind. Allerdings müssen sie auch eine finanzielle Rendite für ihre Investition sehen – was fair ist – und werden oft hochrangige Bartender einladen, die in ihrer Karriere schon recht weit fortgeschritten sind, eine bestehende Verbindung zur Marke haben oder über ein starkes Netzwerk verfügen. Um den sich entwickelnden Bartendern mehr Bildungsmöglichkeiten zu bieten, müssen sowohl die Marken als auch die Bars darauf achten, was aus diesen Veranstaltungen gewonnen werden kann. Wer profitiert mehr von einem Workshop – der etablierte Barmanager oder der neue Kollege, der noch nicht so viel Erfahrung mit dem Thema hat? Es gibt viel zu gewinnen, wenn man Beziehungen zu erfahrenen Bartendern pflegt, aber es gibt auch viel zu gewinnen, wenn man Verbindungen mit der aufstrebenden Generation entwickelt.

 

Wenig Struktur, viel Community

Ich würde argumentieren, dass der Vorteil des Mangels an strukturierter und einheitlicher Ausbildung in unserer Branche darin liegt, dass es unser Gemeinschaftsgefühl stärkt. Wir alle sind durch die Gräben gegangen, um das Handwerk zu lernen und uns weiterzubilden. Bildung beginnt oft damit, dass ein Einzelner eine Idee teilt, ein Innovator sein Konzept teilt, und führt dazu, dass sich Menschen um diesen Funken herum vereinigen und eine große Menge Gleichgesinnter, eine Community, bilden. Die sozialen Medien sind in diesem Sinne zu einem wertvollen Werkzeug geworden: Sie sind zu einer riesigen Drehscheibe für Inspiration und Kreativität geworden, in der eine Menge Wissen kostenlos zur Verfügung gestellt wird.

Ich mache mir jedoch auch Sorgen, dass die Bartender-Community dazu neigt, sich aufgrund von Erfahrung und Popularität zu spalten. Das geschieht nicht bewusst, sondern eher, weil junge Bartender nicht die gleichen Gelegenheiten bekommen, um einen Platz am Tisch zu bekommen. Es ist ein logischer Prozess, aber er unterstreicht umso mehr die Bedeutung der Führung durch die ältere Generation. Es gibt viel Platz für jeden in unserer Gemeinschaft, lasst uns unseren Fokus von Exklusivität auf Inklusivität richten.

 

Welche Werkzeuge haben junge Bartender also, um sich weiterzubilden?

Der Bildungsweg von Bartendern ist ein komplexer Weg – wie jeder Weg zu Wachstum und Selbstoptimierung ist es ein sehr persönlicher Weg, der immer noch innerhalb einer größeren Gemeinschaft existiert. In einer Zeit, in der Informationen noch nie so leicht zugänglich waren, kann es entmutigend sein, sich dieser Aufgabe allein zu stellen. Bei der nicht enden wollenden Fülle an Lernmaterial – ob online oder offline – ist es manchmal schwer zu wissen, wo man suchen soll.

Die akademische Welt profitiert von wissenschaftliches Begutachtungsverfahren und vertrauenswürdigen Informationsquellen. Das fehlt in unserer Branche. So kann es für neue Bartender schwierig sein zu beurteilen, welche Informationsquellen zuverlässig sind. Deshalb ist es auch wichtig, zurück zu den Wurzeln zu gehen und nach der Anleitung von erfahreneren Kollegen zu suchen. Es gibt keine bessere Wissensquelle als Vorbilder, die den moralischen Wert darin sehen, sich die Zeit aus ihrem geschäftigen Leben zu nehmen, um den neugierigen jungen Bartendern, den zukünftigen Top-Mixologen, auf den richtigen Weg zu bringen und ihm zu helfen, seinen Weg durch die Branche zu navigieren.