Less is More: Daiquiri
© Damien Guichard
Bar ohne Namen
Entschlossen verweigert sich Savage, der Bar einen Namen zu geben. Stattdessen sind drei klassische Design-Symbole das Logo der Trinkstätte in Dalston: ein gelbes Quadrat, ein rotes Viereck, ein blauer Kreis. Am meisten wurmt den sympathischen Franzosen dabei, dass es kein Gelbes-Dreieck-Emoji gibt. Das erschwert auf komische Weise die Kommunikation. Der Instagram Account lautet: a_bar_with_shapes-for_a_name und anderenorts tauchen die Begriffe ‘Savage Bar’ oder eben ‚Bauhaus Bar‘ auf.
Für den BCB bringt Savage nun sein Barkonzept mit und mixt für uns mit Unterstützung von Russian Standard Vodka an der perfekten Bar dazu.
„Weniger ist mehr“ ist zurück! Nach einer kurzen Pause aus absolut langweiligen logistischen Gründen sind wir wieder bei unserem regelmäßig geplanten Chaos angelangt.
Eine kurze Auffrischung: Jeden Monat nehmen wir einen klassischen Cocktail und entfernen eine wichtige Zutat. Warum? Weil wir neugierig sind und verstehen wollen, was einen Klassiker eigentlich … klassisch macht. Balance, Struktur, Identität – all diese guten Dinge.
Das Opfer dieses Monats: der Daiquiri.
Seit seiner Entstehung (wahrscheinlich Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts, vielleicht aber auch früher, wenn wir akzeptieren, dass der Daiquiri mit dem Punch verwandt ist) kann man mit Sicherheit sagen, dass der Daiquiri die Mutter aller Sours ist. Alles im Stammbaum der „Süß + Sauer + Alkohol“-Familie verdankt seinen Verkaufserfolg diesem bescheidenen, perfekt ausbalancierten Klassiker.
Und obwohl die Welt uns unzählige „Daiquiri“-Varianten beschert hat – Ananas, Erdbeere, Frozen, Hemingway, all diese neonfarbenen Mixturen der 1980er aus den Tiefkühltruhen fragwürdiger Entscheidungen – haben sie alle eines gemeinsam:
Limette.
Also habe ich sie natürlich … entfernt. Denn warum die Dinge einfach halten?
Ein Daiquiri muss aber trotzdem Säure haben, also brauchten wir eine Alternative. Das Problem ist, dass Zitrusfrüchte unglaublich schwer zu ersetzen sind. Es geht nicht nur um die Säure – es geht um Fruchtigkeit, Helligkeit und vor allem: Öle. Unser Gehirn liebt Öle und Fette; sie mildern den scharfen Alkoholgeschmack und lassen Sours leichter und runder schmecken. Keine Säurequelle, die nicht aus Zitrusfrüchten stammt, kann diesen Effekt wirklich nachahmen.
In der Zwischenzeit erlebten Daiquiris in den 1980er Jahren ihr eigenes unglückliches „Glow-up“ und wurden durch Tiefkühlprodukte und Industriesirupe zu matschigen Zuckerbomben. In letzter Zeit jedoch, da Barkeeper nach der Pandemie die Mission verfolgen, Bars wieder zu einem Ort des Vergnügens zu machen, wurden viele dieser „Disco-Drinks“ mit modernen Techniken und echtem Handwerk wiederbelebt.
Also! Versuchen wir uns doch mal an einer Art Himbeer-Daiquiri, oder?
Um stilistisch nah am klassischen Daiquiri zu bleiben – klar, hell, elegant – verarbeiten wir Himbeeren mit Pectinex und klären den Saft, bevor wir daraus einen Cordial machen. Wir wollen doch keinen Slushy, oder?
Team, das haben wir schon einmal gemacht: Pro 1000 g Obst kommen 2 g Pectinex hinzu (danke, Dave Arnold). Ich bevorzuge gefrorenes Obst, denn:
- Es wird zum Zeitpunkt der höchsten Reife eingefroren.
- Es ist billiger.
- Das Einfrieren bricht die Zellwände auf, was beim Auftauen mehr Saft ergibt – Wissenschaft, Baby!
Fun Fact: Himbeersaft hat einen pH-Wert, der dem von Zitrusfrüchten sehr ähnlich ist, was ihn als Ersatz umso interessanter macht.
© Damien Guichard
Pectinex funktioniert am besten warm, aber wir wollen die Himbeeren nicht kochen. Geben Sie alles in einen Sous-vide- oder Ziploc-Beutel (falls, wie bei mir, Ihr Vakuumiergerät den Geist aufgegeben hat). Bei 40 °C für 20 Minuten halten.
Durch einen Kaffeefilter abseihen, abtropfen lassen, und jetzt machen wir unseren Cordial.
Dafür verwenden wir Fruktosepulver anstelle von normalem Zucker, und zwar aus zwei Gründen:
- Fruktose ist der dominierende natürliche Zucker in Himbeeren.
- Sie löst sich bei viel niedrigeren Temperaturen – sogar bei Raumtemperatur – auf, sodass der frische Charakter des Saftes erhalten bleibt.
Verwenden Sie ein Verhältnis von 1:3 von Fruktose zu Himbeersaft.
Cordial fertig? Wunderbar. Bauen wir einen Drink.
Zutaten:
- 60 ml weißer Rum
- 35 ml Himbeer-Cordial
Schütteln, abseihen, bewundern.
Ist er köstlich? Absolut. Süß-säuerlich, duftend, seidig und unverkennbar nach Himbeere.
Ist es ein Daiquiri?
Absolut nicht. Ohne die Zitrusöle trifft er einfach nicht denselben Punkt.
Aber ist er unterhaltsam und lecker? Auf jeden Fall.
© Damien Guichard
